Die Griechenlandkrise, der Anschlag in Tunis, der kranke Freund. Alles hat mit meinem Leben zu tun, und alles ist eben nicht mein Leben. Die Bundesrepublik ist stabil. Ich bade nicht am Mittelmeer und ich bin gesund. Was mich trotzdem mit den Ereignissen in weiter Ferne und unmittelbarer Nähe verbindet sind meine Gedanken. Bilder im Kopf. Ideen aus meinem Verstand. Gefühle in meinem Herzen. So teilen wir das Leben, wenn es sich um Ereignisse handelt, die nicht unmittelbar in nächster Nähe stattfinden.


Erinnern Sie sich noch an den Unfalltod von Lady Diana? Diese gewaltige Trauer, die ganz Europa plötzlich fest im Griff hatte. Eine Anteilnahme am Geschehenen, als wäre meine Lieblingscousine gestorben. Ich saß vor dem Fernseher und heulte.

Ein deutscher Fallschirmjäger weint nicht! Blödsinn.

Und jetzt kommt etwas sehr merkwürdiges ins Spiel. Über irgendeinen Mechanismus in unserer Seele können wir steuern, wie intensiv Gefühle sind, die ich für andere habe oder die mich bewegen, wenn ich bestimmte Dinge erfahre.

Da sitze ich vor dem Fernseher und schaue mir an, wie die italienische Marine Flüchtlinge aus dem Wasser fischt und ich überlege, ob das Bier schon kalt genug ist, das ich eben erst in den Kühlschrank gepackt habe. Null Erregung.

Bin ich ein schlechter Mensch?

Das Evangelium des Sonntags, das uns Markus überliefert hat, erzählt zwei Heilungsgeschichten. Die Frau steht neben Jesus und berührt ihn. Die kranke Tochter ist weit weg und nur ihr Vater kommt zum Herrn und bittet um Hilfe für sein Mädchen. Aber beide Schicksale bewegen Jesus und beiden wird geholfen. Da ist ein Wille zum Guten und zum Heilen und zum Verändern.

Es ist eine Haltung dem Menschen gegenüber, der wir hier begegnen. Keiner konkreten Tat.

Ich weiß wie sperrig diese Gedanken sind. Und wie schwer es uns fällt, daraus konkrete Handlungsoptionen zu machen.

Markus weiß es auch. Das Evangelium bleibt eine Beschreibung. Keine Ermahnung, keine Anweisung. Kein Appell.

Mal sehen was heute Abend im Fernsehen kommt. Bier steht im Kühlschrank.